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  • C4.1: Leistung und Ertragsprognosen von BIPVBIPV Abkürzung, vom englischen "Building Integrated Photovoltaic", eingedeutscht als "Bauwerkintegrierte Photovoltaik" (eigentlich Gebäudeintegrierte Photovoltaik GIPV)-Anlagen

Grundlegende Zusammenhänge

Die elektrische Leistung (in Watt W) und der Ertrag (in Kilowattstunden kWh) einer BIPV-Anlage hängen von einer großen Anzahl an Eingangsparametern ab. Neben der Größe der Modulfläche sind dies insbesondere:

  1. verwendete Zell- und Modultechnologie
  2. Standort, Ausrichtung der Module und Verschattung (siehe Kapitel B2 Ausrichtung und Verschattung)
  3. elektrisches Systemdesign, d. h. Verkabelung und Leistungselektronik

Für die elektrische Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt sind neben diesen prinzipiellen Einflussfaktoren dann vor allem der aktuelle Sonnenstand und die Wetterbedingungen ausschlaggebend. Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick dieser Einflussfaktoren und zeigen, wie diese im Rahmen von Ertragsprognosen gesamtheitlich betrachtet werden.

Zell- und Modultechnologie

Für die Anwendung in BIPV-Modulen und Systemen stehen verschiedene photovoltaisch aktive Materialien und entsprechende Solarzelltechnologien zur Verfügung. Dazu gehören vor allem Solarzellen auf Basis von kristallinem Silizium (c-Si), von Verbindungshalbleitern wie Kupfer-Indium(-Gallium)-Selenid (CIS, CIGS) oder Cadmium-Tellurid (CdTe), Solarzellen auf Basis von organischen oder Farbstoffmolekülen sowie auf Basis von Perovskiten. Bezogen auf die Photovoltaik insgesamt machen kristalline Siliziumsolarzellen einen Marktanteil von ca. 95 % aus, gefolgt von den Dünnschichttechnologien CdTe und CIGS. Die einzelnen Technologien unterscheiden sich insbesondere in der Effizienz, Kosten, Langzeitstabilität und dem Maß, mit dem sich Änderungen der Temperatur auf die Effizienz auswirken.

Im Labor wurde für Solarzellen auf Basis von c-Si ein Wirkungsgrad von 26,7 % erreicht, für CIGS 23,4 % und für CdTe 21,0 % [1]. Die Wirkungsgrade kommerziell erhältlicher Module liegen jeweils etwas niedriger.

Tabelle 1 gibt für die in Deutschland in der BIPV relevantesten Technologien einen groben Überblick. Einzelne Produkte können in besonderen Fällen aus verschiedenen Gründen von den genannten Bereichen abweichen, die Tabelle dient lediglich einer groben Einordnung. 

Der Wirkungsgrad gibt an, welcher Teil der einfallenden Sonnenstrahlung in elektrische Energie umgewandelt wird. Um eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Produkten und Technologien sicherzustellen, wird dieser Wert unter sogenannten StandardtestbedingungenStandardtestbedingungen (engl Standard Test Conditions (STC). Diese Leistung stellt eine Datenblattangabe zu Vergleichszwecken dar, die bei Labor- oder Produktionsbedingungen ermittelt wird (1000 W/m² senkrechte Einstrahlung mit einem normierten Sonnenspektrum und bei 25° C). Im realen Betrieb wird dieser Wert aufgrund der meist tatsächlich auftretenden höheren Betriebstemperatur um rund 6 - 12% unterschritten. im Labor ermittelt: bei 1000 W/m2 senkrechter Einstrahlung mit einem normierten Sonnenspektrum und bei 25 °C. Der Wirkungsgrad korrespondiert direkt mit der auf PV-Modulen angegebenen Leistung, der sogenannten Nenn- oder Peak-Leistung. Z. B. entsprechen 20 % Effizienz einer NennleistungPeakleistung/Nennleistung von 200 W/m². Ein beispielhaftes System mit einer Modulfläche von 50 m² hat in Summe dann 10 kW Nennleistung. Diese Nennleistung ist ein wichtiger Parameter, der elektrische Ertrag hängt jedoch von weiteren Größen ab, die im Folgenden beschrieben werden.

Abbildung 1: Überblick der wichtigsten Zelltechnologien für die BIPV
Quelle: Fraunhofer ISE

Standort, Ausrichtung der Module und Verschattung

Wie im Abschnitt B2 Ausrichtung und Verschattung dargestellt, hängt die Einstrahlung von der Ausrichtung und Neigung sowie ggf. zusätzlicher Verschattung ab. In erster Näherung hängt die momentane elektrische Anlagenleistung direkt proportional von der momentanen Einstrahlung in Modulebene ab. Beträgt z. B. die momentane Einstrahlung in Modulebene (wie unter Standardtestbedingungen) 1000 W/m², was bei voller, senkrechter Sonne in Deutschland in etwa der Fall ist, leistet die Anlage in etwa ihre Nennleistung, im oben genannten Beispiel bei einer Fläche von 50 m² 10 kW. In weiterer Hinsicht muss berücksichtigt werden, dass erhöhte Temperaturen, wie sie bei Sonneneinstrahlung typischerweise vorliegen, die momentane Leistung reduzieren. Ebenso können geringere Einstrahlungswerte zu überproportionalen Verlusten führen, insbesondere im Schwachlichtbereich.

Vom PV-Modul zum PV-System

Die in einem BIPV-Modul erzeugte elektrische Energie wird nicht direkt nutzbar, sondern erst über weitere elektrische Komponenten zugänglich. Dazu gehören Kabel- und Steckverbindungen von Modul zu Modul sowie Leistungselektronik auf Modul- oder Systemebene (siehe auch Kapitel C5.1 Komponenten einer PV-Anlage und C5.2 Systemkomponenten), typischerweise insbesondere ein WechselrichterWechselrichter Der Wechselrichter wandelt die Gleichspannung der PV-Module in Wechselspannung um. Dadurch kann die Solarenergie im Hausnetz verwendet oder auch ins öffentliche Netz eingespeist werden.. Er sorgt dafür, dass das System sowohl elektrisch in seinem optimalen Betriebspunkt betrieben als auch Gleich- zu Wechselstrom gewandelt wird (DC-AC-Wandlung). Dieses Gesamtsystem ist mit kleinen zusätzlichen Verlusten behaftet, beispielsweise durch Leitungsverluste oder den Wechselrichterwirkungsgrad. Alle Faktoren, die neben der Einstrahlung die momentane Leistung eines BIPV-Systems zusätzlich reduzieren, lassen sich unter dem Begriff der Performance RatioPerformance Ratio zusammenfassen, typische Werte liegen hier im Bereich 75–85 %. Das oben beispielhaft genannte 10 kW-System würde bei einer angenommenen jährlichen Einstrahlung von 950 kWh/m²/a (entspricht einer unverschatteten Südfassade in Freiburg) und einer mittleren Performance Ratio von 80 % einen Jahresertrag von 950 kWh/(m²a) * 10 kWp * 0.8 = 950 kWh/(m²a) * 10 kW/(1 kW/m²) * 0.8 = 7600 kWh/a liefern.

Fachplanung

Auf Basis der genannten Grundlagen und Überlegungen sind in der Planungsphase des BIPV-Systems in Bezug auf Leistung und Ertrag insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Auswahl der BIPV-Module entsprechend den Anforderungen an den Ertrag. Hier gibt es Wechselwirkungen mit vielen anderen Planungsaspekten und Anforderungen, z. B. der zur Verfügung stehenden Fläche, Anforderungen an optische und thermische Eigenschaften, an Statik oder Brandsicherheit, sowie der Wirtschaftlichkeit.
  • Optimierung des elektrischen Systemdesigns (Auswahl geeigneter Wechselrichter, Planung der einzelnen Stränge)
  • Erstellung von Ertragsprognosen

Für die Auswahl geeigneter Module sei neben dem Hinweis auf die multifunktionale Optimierung, die dabei vorzunehmen ist, unter Service D2 Übersicht Modulhersteller verwiesen. Auf die beiden Punkte Systemoptimierung und Ertragsprognosen wird im Folgenden etwas näher eingegangen.

Ertragsprognosen

Für Ertragsprognosen stehen von sehr einfachen Hilfsmitteln für frühe Planungsphasen bis hin zu komplexen Softwareprogrammen für die Fachplanung zahlreiche Werkzeuge zur Verfügung. Allen gemein ist, dass bestimmte Eingaben für die oben genannten grundlegenden Einflussgrößen benötigt werden. Als beispielhaftes Werkzeug für eine sehr frühe Planungsphase sei hier PV-GIS, von der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Centre) der EU-Kommission entwickelt und zur Verfügung gestellt, genannt. Mit sehr wenigen Eingaben (Standort, der auf einer Karte ausgewählt werden kann, PV-Technologie, Ausrichtung, Neigung, installierte Gesamtleistung) wird eine Ertragsberechnung durchgeführt und Ergebnisse werden als Zahlenwerte zur Verfügung gestellt sowie grafisch aufbereitet. Bei einfachen Werkzeugen dieser Art kann eine objektspezifische Teilverschattung nicht direkt berücksichtigt werden. Sie sind daher eine sehr gute Hilfe vor allem in frühen Planungsphasen. Zahlreiche weitere Werkzeuge für solche Berechnungen stehen z. B. auf den Webseiten von Modul- oder Wechselrichterherstellern zur Verfügung.

Des Weiteren bieten auch sogenannte Solarkataster eine gute Möglichkeit, für Bestandsgebäude einen ersten Richtwert für mögliche PV-Erträge zu erhalten. In Baden-Württemberg ist hier neben diversen kommunalen Solarkatastern vor allem der Energieatlas BW zu nennen, der Informationen zum Solarpotenzial auf Dachflächen einfach zugänglich macht und durch einen angekoppelten Wirtschaftlichkeitsrechner auch gleich eine erste Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit einer möglichen Anlage liefert. Heutige Solarkataster sind in der Regel (noch) auf Dachflächen beschränkt und unterscheiden sich stark im Detailgrad und der Genauigkeit, können jedoch als erster Anhaltspunkt sehr hilfreich sein. 

Für genauere Ertragsprognosen und als Grundlage für die elektrische Systemplanung gibt es spezialisiertere Werkzeuge. In der Regel sind diese dann kostenpflichtig. Neben den oben dargestellten einfachen Eingaben bieten diese Planungswerkzeuge wesentlich komplexere Möglichkeiten, ein PV-System zu modellieren. Eine detaillierte Ertragsprognose besteht aus mehreren Schritten:

  1. Berechnung der zeitaufgelösten Einstrahlung in Modulebene. Dazu muss auf die dem Standort entsprechenden Wetterdaten zugegriffen und die objektspezifische geometrische Konfiguration der Anlage berücksichtigt werden. Teilverschattung durch die Umgebung, Nachbarbebauung, auskragende Gebäudeteile oder andere Module der Anlage selbst können hier berücksichtigt werden. Je nach Software und der dort verwendeten Methode wird die Teilverschattung unterschiedlich präzise berechnet.
  2. Berechnung der Modul- und Zelltemperaturen. Da sich die Temperatur auf die Leistung auswirkt, muss für eine präzise Ertragsprognose die Zelltemperatur für jeden Zeitschritt berechnet werden. Dabei kommt es insbesondere auf die Einbausituation und den Grad der Hinterlüftung der Module an.
  3. Berechnung der DC-Leistung der Anlage für jeden Zeitpunkt. Hierfür kommen detaillierte elektrische Modelle der entsprechenden Solarzellen und Module zum Einsatz. Die nötigen elektrischen Kenndaten der Module werden aus den Datenblättern der Hersteller oder aus Produktdatenbanken innerhalb der jeweiligen Software entnommen. Unter Berücksichtigung der in 1. und 2. berechneten aktuellen Einstrahlungs- und Temperaturwerte wird dann das Verhalten einzelner Zellen und Module zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben. Unter Berücksichtigung der gewählten Verschaltung zu Strings kann dann das elektrische Verhalten des gesamten Strings berechnet werden.
  4. Berechnung der DC-AC-Wandlung durch den Wechselrichter. Auf Grundlage der Kenndaten des verwendeten Wechselrichters wird für jeden Zeitschritt der Wechselstromoutput für den jeweiligen Gleichstrom des Strangs berechnet.

Bei Verwendung anderer leistungselektronischer Konzepte wie z. B. Modulwechselrichter oder DC-DC-Leistungsoptimierer auf Modulebene erfolgt die Berechnung im Prinzip analog mit kleinen Anpassungen.

Neben diesen fundamentalen Schritten müssen für eine Gesamtertragsprognose noch weitere Fragen berücksichtigt werden. Wie ist die Degradation der Komponenten, insbesondere der Module, über die Jahre? Gibt es variable Effekte, wie z. B. eine signifikante Verschmutzung der Module? Wachsende Bäume? Gibt es Ausfallzeiten aufgrund von Reinigung oder Wartung? Die Antworten auf diese Fragen sind mit den verschiedenen Beteiligten zu klären und können dann entsprechend in Ertragsprognosen Berücksichtigung finden.

Neben der Funktion der Prognose des Gesamtertrags (wichtig insbesondere für die Wirtschaftlichkeit und das Gebäudeenergiekonzept) dient eine detaillierte Modellierung des Systems immer auch der Optimierung. Die Wahl geeigneter Module, eine optimale Strangaufteilung sowie die Auswahl geeigneter Wechselrichter oder anderer leistungselektronischer Komponenten kann im Rahmen einer solchen Simulation erfolgen. Auch für die im nächsten Abschnitt beschriebene Einbindung in das Gebäudeenergiekonzept ist eine Anlagensimulation hilfreich und häufig nötig.

Die Abbildung zeigt ein Balkendiagramm zur mit PV-GIS-basierten Berechnung einer südausgerichteten 10-kW-Anlage in Freiburg über ein Jahr.

Abbildung 2: Beispielhafte Berechnung einer südausgerichteten 10-kW-Anlage in Freiburg mit PV-GISPV-GIS . Mit wenigen Inputs erhält man monatliche elektrische Erträge und Jahressummen.
Quelle: Photvoltaic geographical information system, European Commission