Der Zeitpunkt, wann eine Photovoltaikanlage elektrische Erträge liefert, und die Jahressumme des Ertrags hängen stark von der Ausrichtung und der Verschattung der Photovoltaikmodule ab. Grundsätzlich gilt: PV-Module sollten in der äußersten Gebäudehülle sitzen. Jede Verschattung reduziert den Ertrag. In Baden-Württemberg ergibt sich der maximale Jahresertrag bei einer Ausrichtung nach Süden und einem Neigungswinkel von etwa 30° zur Horizontalen. Daher wurden PV-Anlagen in der Vergangenheit häufig in dieser Ausrichtung gebaut, z. B. auf süd-ausgerichteten Schrägdächern oder mit aufgeständerten Modulen auf Flachdächern. Weicht man von diesem Optimum ab, passieren zwei Dinge: Erstens reduziert sich der Gesamtertrag und zweitens verschieben sich die Zeiten, in denen die PV-Anlage viel Energie liefert. Während südlich ausgerichtete Module mittags die größte Leistung liefern, verschiebt sich das Leistungsmaximum bei östlicher Ausrichtung in den Vormittag oder Morgen, bei westlich ausgerichteten Anlagen in den Nachmittag oder Abend. Zusätzlich gibt es eine jahreszeitliche Verschiebung bei einer Änderung des Neigungswinkels. Fassaden liefern relativ gesehen einen größeren Anteil des Ertrags im Winter, Dächer im Sommer. Abbildung 1 zeigt die jährliche Einstrahlungssumme, welche in guter Näherung linear mit dem elektrischen Ertrag zusammenhängt, in Abhängigkeit der Ausrichtung und Neigung der Module. Die Grafik ist auf 100 % bei optimaler Ausrichtung (Süd, ca. 30°) normiert.
Abbildung 1: Jährliche Einstrahlungssummen und Verschiebung des Zeitpunkts der maximalen Einstrahlung als Funktion der Ausrichtung und des Neigungswinkels für eine unverschattete Fläche in Freiburg. Die Isolinien zeigen die Verschiebung des Zeitpunkts maximaler Einstrahlung – und somit des maximalen elektrischen Ertrags – im Vergleich zu einer südausgerichteten Fläche.
Quelle: Kuhn, T., Erban, C. – Review_of_Technological_Design_Options_for_Building – Energy and Buildings – Elsevier 2020
Bei horizontaler Ausrichtung (Mittelpunkt der kreisförmigen Grafik) liegt man im Bereich 80–90 % des Jahresertrags. Bei vertikaler Ausrichtung (Fassade) nach Süden bei ca. 70 %, bei vertikaler Ausrichtung nach Osten oder Westen bei ca. 50 %. Zusätzlich geben die weißen Iso-Linien die Verschiebung des Zeitpunktes der maximalen Einstrahlung im Vergleich zu einer südausgerichteten Fläche an. Ost- bzw. Westfassaden zeigen hier eine Verschiebung von über 4 h in den Morgen bzw. Abend. Eine tages- und jahreszeitliche Verschiebung der Erträge kann vor allem im Hinblick auf eine Eigenverbrauchsmaximierung sehr hilfreich sein, da das zeitliche Profil der Erträge sich dann besser mit typischen Verbrauchsprofilen deckt. Daher werden heute neben vollständig ertragsmaximierten PV-Anlagen häufig auch ost-west-ausgerichtete Anlagen realisiert. BIPVBIPV Abkürzung, vom englischen "Building Integrated Photovoltaic", eingedeutscht als "Bauwerkintegrierte Photovoltaik" (eigentlich Gebäudeintegrierte Photovoltaik GIPV)-Anlagen, die verschiedene Dach- und Fassadenausrichtungen kombinieren, weisen die tages- und jahreszeitlich breitesten Ertragsprofile auf.
Abbildung 2 zeigt diese Verschiebung exemplarisch am Beispiel des BIPV-Systems am ZSW in Stuttgart. Dort sind sowohl eine Dachanlage (10° Neigung Richtung Südost-Nordwest und Südwest-Nordost) als auch Fassadenanlagen Richtung Südost, Südwest und Nordwest installiert. Sowohl im Winter als auch im Sommer weist die Südostfassade bereits in den Morgenstunden höhere Leistungen auf als die Dachanlage, in den Nachmittags- und Abendstunden dann die Südwestfassade. Im Sommer folgt abends dann noch die Nordwestfassade. Abbildung 3 dokumentiert die Ertragsverteilung über die einzelnen Monate.
Die Dachanlage hat ein deutliches Ertragsmaximum im Sommer, die Fassaden weisen relativ betrachtet auch im Winter höhere Erträge auf. Die NW-Fassade trägt im Sommer ebenfalls merklich zum Ertrag bei, allerdings erzielt sie im Winter aufgrund der Orientierung nur geringe Erträge, da sie wegen des frühen Sonnenuntergangs keine direkte Sonneneinstrahlung erhält. Die Leistung liegt dann im Bereich von 10 % der Nominalleistung (Abb. 2). Damit sinkt der flächenspezifische Jahresertrag von derartigen PV-Fassadenorientierungen auf 50–25 % gegenüber ganzjährig besonnten PV-Fassadenflächen.
In jeder PV-Anlage wächst der Ertrag mit der Einstrahlung. Verschattung wirkt daher immer ertragsmindernd. Wenn PV-Anlagen teilweise verschattet werden, kommen zusätzliche Effekte hinzu, die zu überproportional großen Verlusten führen können. Die einzelnen Solarzellen in einem Modul sowie mehrere Module in einem Strang werden in der Regel in Reihe verschaltet. Diese Reihenschaltung führt dazu, dass der Strom in jedem Element der Reihenschaltung gleich sein muss. Wird also ein Element (z. B. eine Solarzelle) verschattet, die anderen Elemente aber nicht, so wird dennoch der Strom in der gesamten Reihenschaltung limitiert. Daher erfordern teilverschattete PV-Anlagen eine sorgfältige Planung und elektrische Auslegung. Neben einer sinnvollen Auswahl geeigneter Flächen mit möglichst homogener Einstrahlung gibt es verschiedene technische Möglichkeiten, die Auswirkungen durch Teilverschattung zu reduzieren. Sehr weit verbreitet (bei nahezu allen Standardmodulen, auch aus Sicherheitsgründen zur Vermeidung von HotspotsHotspot Als Hotspot bezeichnet man eine lokale Erhitzung in PV-Modulen, die verschiedene Ursachen haben kann. Insbesondere bei Teilverschattung kann es vorkommen, dass verschattete Solarzellen zu einem elektrischen Verbraucher werden und die von anderen, in Reihe geschalteten, beleuchteten Solarzellen erzeugte Energie verbrauchen. Sie wirken dabei als ohmscher Widerstand und es kommt lokal an Stellen mit Stromfluss zu einer Erwärmung. Durch Bypassdioden wird die Anzahl von in Reihe geschalteten Solarzellen, deren Energie in einer verschatteten Solarzelle verbraucht werden kann, reduziert und somit verhindert, dass Temperaturen entstehen, bei denen das PV-Modul dauerhaft beschädigt würde oder es sogar zu einer Brandentstehung kommen könnte.) ist der Einsatz von BypassdiodenBypassdiode Bypassdioden sind Dioden, die in PV-Modulen parallel zu Solarzellen geschaltet werden. Bei normalem Betrieb des PV-Moduls, unter homogener Beleuchtung, ist eine Bypassdiode in Sperrrichtung gepolt und es fließt kein Strom durch die Diode. Bei einer (Teil-)Verschattung, wenn eine (oder mehrere) Solarzellen keinen Strom liefert, kann der Strom, der von den anderen Solarzellen im Modul oder Strang weiterhin erzeugt wird, an den verschatteten Solarzellen vorbei durch die Bypassdiode fließen und verhindert damit Hotspots und überproportionale Mindererträge. In typischen c-Si PV-Modulen mit 60 oder 72 Solarzellen sind in der Regel drei Bypassdioden verbaut, die dann jeweils zu 20 bzw. 24 Solarzellen parallelgeschaltet werden. Die Bypassdioden sind in den meisten Fällen in der Anschlussdose untergebracht., häufig drei pro Modul. Diese führen dazu, dass jeweils ein Drittel des Moduls kurzgeschlossen und somit überbrückt werden kann, wenn es dort zu Teilverschattung kommt. Wann es zu dieser Überbrückung kommt, hängt im Detail an der Situation im gesamten Strang und der Regelung des Wechselrichters. Bei einer Strangverschaltung von Modulen mit Bypassdioden kommt der Wahl der Module, die man in einem Strang miteinander in Reihe schaltet, eine große Bedeutung zu. Durch eine gute Strangaufteilung können Verluste durch Teilverschattung minimiert werden. Weitere technische Möglichkeiten bestehen in der Nutzung von Leistungselektronik auf Modulebene, z. B. Leistungsoptimierern oder Modulwechselrichtern. Die Vor- und Nachteile einzelner technischer Maßnahmen müssen im Einzelfall im Rahmen der Anlagenplanung gegeneinander abgewogen werden. Auch bei regelmäßig (teil-)verschatteten Flächen gibt es häufig Möglichkeiten, durch ein angepasstes Anlagendesign eine technisch und ökonomisch sinnvolle BIPV-Anlage zu realisieren.
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