Die IntegrationIntegration Zusammenfügen und Verbinden von einzelnen Einheiten bzw. Bauelementen eines Systems zu einem komplexeren Bauteil, das die gleichen Funktionen erfüllt vom PV-Modulen in das Dach oder die Fassade eines Gebäudes erfordert passende konstruktive Lösungen. Dabei kann unterschieden werden zwischen herkömmlichen Unterkonstruktionen, die plattenförmige Bauteile – und damit auch PV-Module – aufnehmen können und neu entwickelte Systeme, die spezifische Befestigungsmöglichkeiten als Gesamtsystem anbieten. Die sich dadurch ergebenden unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten für PV-Module werden in Kapitel B3 Gestaltungsvielfalt aufgezeigt. Im Folgenden werden die konstruktiven Möglichkeiten bei der Integration von PV-Modulen in die Gebäudehülle anhand unterschiedlicher Konstruktionsweisen für Dächern und Fassaden beispielhaft vorgestellt.
1.1 AufdachmontageAufdach-Montage Bei einer Aufdach-Montage montiert der Installateur die Photovoltaik-Module auf dem bestehenden Dach, befestigt diese an der Dachunterkonstruktion. Die Alternative zur Aufdach-Montage bildet die Indach-Montage.
Die verbreitetste Integrationsart für PV-Module auf schrägen Dachflächen sind die sogenannten „Aufdachanlagen“ (siehe B3 Gestaltungsvielfalt). Sie werden über der wasserführenden Schicht des Daches angebracht und lassen sich sowohl auf Ziegeldeckungen und mineralischen Dachplatten, als auch auf diversen Metalldächern mithilfe von unterschiedlichen Systemen befestigen. Die häufigste Anwendung erfolgt auf Ziegeldächern, wie beispielsweise mit dem SingleRail-System des Herstellers K2 Systeme (siehe Abb. 1). Dieses ermöglicht die Montage mithilfe von Dachhaken, die eine sichere Befestigung ermöglichen, ohne dass eine Verschraubung in das deckende Element erfolgen muss. Ähnlich erfolgt auch die Anwendung auf Trapezblechdächern, wie etwa mit dem MiniRail-System (siehe Abb. 2). Hierbei erfolgt die Montage mithilfe eines Kurzschienensystems, deren Verschraubung in der Dacheindeckung mit gewindeformenden Dünnblechschrauben erfolgt. Bei Stehfalzdeckungen können Montageschienen über spezielle Klammersysteme völlig ohne Eingriff in die Dachkonstruktion angebracht werden. Bei all diesen additiven Ansätzen besteht die gestalterische Herausforderung, dass die Modulfläche nicht als Fremdkörper in Bezug zur Dachgestaltung wirkt. Einfache orthogonale Flächen und eine möglichst vollflächige Belegung sind hierbei hilfreich.
Ein Projekt, bei dem dies sehr gut gelungen ist, stellt die Sanierung des Hof 8 in Weikersheim-Schäftersheim dar. Hier wurden die PV-Module mithilfe eines Tragprofiles auf der wasserführenden Schicht, dem Trapezblech befestigt (siehe Abb. 3). Durch die nahtlose Anbringung der Module entsteht eine homogene Dachaufsicht, die an die bestehenden umliegenden Dächer anschließt. Ein weiteres sehr gutes Beispiel mit diesem Ansatz ist die Halle Design. S. in Pullingen. Hier wurden die PV-Module direkt auf der Dachbahn des Satteldaches befestigt (siehe Abb. 4).
1.2 Integrierte Systeme
Alternativ zu den additiven Systemen können PV-Module auf Schrägdächern auch baukonstruktiv integriert ausgeführt werden und dadurch die Funktion als wasserführende Schicht übernehmen. Die Möglichkeiten der Integration reichen dabei von der Verwendung von großformatigen Großserienmodulen bis hin zum Einsatz von Spezialmodulen, meist „Solardachziegel“ genannt. Dieses Konzept der integrierten Anlagen lassen sich grob in drei Kategorien gliedern:
Ein anschauliches Beispielprojekt für die Anwendung von Standard PV-Modulen mit einem Montagerahmen ist die in Abbildung 5 zu sehende ABZ Siedlung Balberstrasse in Zürich (2016) von raumfindung architekten eth bsa sia. Das eingesetzte Photovoltaik-Indach-Montagesystem der Firma Solrif ermöglicht die Eindeckung der gesamten Dachflächen als wasserführenden Schicht. Das System besteht aus einem speziell entwickeltem Rahmen, der an jedes Standardmodul angebracht werden kann. Durch Verblechungselemente lassen sich die Modulflächen an die jeweilige Dachform flexibel anpassen. Das System kann wie bei der Anbringung herkömmlicher Ziegel direkt auf Lattung verlegt werden.
Ein Beispiel für einen klassischen Solarziegel ist das Schwarzwaldhaus in Fischbach (2013) von schaller+sternagel Architekten, welches in Abbildung 6 zu sehen ist. Das hierbei verwendete System des Herstellers BMI Braas integriert Sonder-PV-Module in das Verlegesystem von Standardziegeln. Bei dieser Anwendung besteht die Unterkonstruktion ebenfalls aus einer klassischen Lattung (siehe Abbildung 7), die Abmessungen der PV-Module sind auf das Verlegemaß der Ziegel abgestimmt. Der beim Schwarzwaldhaus verwendete Solarziegel „Braas PV Premium“ beträgt ein mehrfaches der Systemziegel, wodurch der Aufwand der elektrischen Verkabelung verringert wird und ein harmonisches Deckbild entsteht. Die Sondermodule haben an allen Seiten einen direkten Anschluss an die übliche Ziegelfalzung. So können die ungestörten Flächen mit dem Solarsystem vollflächig gedeckt werden, alle Sonderbereiche (First, TraufeTraufe Die Traufe stellt den untersten Punkt eines Daches und somit die Entwässerungs- und Belüftungsebene dar., Ortgang, Dachflächenfenster, verschattete Flächen etc.) werden mit den konventionellen Ziegeln abgedeckt (siehe Abb. 8).
Neben der Kombination mit klassischen Ziegeln gibt es Systeme, die vom Ziegelmaß unabhängige Solarmodule mit regendichten Randbereichen verwenden. Ein solches PV-Ziegelsystem kam bei dem Wohnhaus B in Stuttgart (2016) von Yonder Architekten zum Einsatz (siehe Abb. 9). Das integrierte Solardachsytem der Firma Sunstyle verwendet Solarplatten, die mit verschiedenen Oberflächen verfügbar sind. Die schuppenartige Erscheinung der Solarziegel erinnert durch die Drehung um 45° an traditionellen Schiefer- und Schindeldächer und ermöglicht durch ihr Verlegungsprinzip eine optimale Dichtheit und Stabilität des Daches. Die quadratischen Ziegel mit Abmessungen von 870 mm x 870 mm werden überlappend auf der kreuzweise montierten Holzlattung verlegt und verschraubt (siehe Abb. 10). Die elektrische Verbindung erfolgt wie bei allen Systemen über einfache Stecker. Um eine homogene Dachansicht zu erhalten, werden Teilstücke oder inaktive Flächen mit Metallelementen ausgeführt, die vor Ort zugeschnitten werden können.
1.3 Flachdachsystem
Neben der Integration auf Schrägdächern lassen sich Solaranlagen auch mit begrünten Flachdächern kombinieren, ohne dass die ökologische Leistungsfähigkeit der Dachbegrünung im Hinblick auf Speicherfähigkeit und Verdunstungskühlung eingeschränkt wird. Auf dem Flachdach des Biocubes in Leipzig (2013) von Sprengler-Wieschloek Architekten wurde dies beispielsweise mit dem Solarsystem „SolarVert“ von ZinCo umgesetzt (siehe Abb. 11). Die Dachbegrünung hat dabei auch Vorteile für die PV-Module, da die Begrünung zu einer kühleren Dachoberfläche im Vergleich zu einem mit Kies bedeckten Dach beiträgt und steigert dadurch die Leistung der Module. Die Substratschicht bildet die notwendige Auflast zur Windsogsicherung der Solaranlage, eine Durchdringung der Abdichtungsfolie ist in der Regel nicht erforderlich.
Das System besteht aus einem Grundrahmen aus Aluminium, auf dem die Solar-Module in idealer Neigung und mit genügend Abstand zur Begrünung montiert werden können. Diese ist wiederum auf einem Basiselement platziert, welches auf der darunter liegenden vlieskaschierten Dränageebene beliebig platziert werden kann (siehe Abb. 12). Dadurch ermöglicht das System eine hohe Flexibilität bei der Belegung von Dachflächen und kann geometrisch vielfältig eingesetzt werden.
Das Bestreben, möglichst viele Flächen eines Gebäudes für die Energiegewinnung nutzen zu können, bringt verstärkt die Fassadenflächen für die Integration von Photovoltaik ins Blickfeld. Zudem haben Fassadenflächen aufgrund ihrer Ausrichtung und ihres daraus resultierenden Ertragsprofils oftmals Vorteile für die Eigennutzung des Solarstroms im Gebäude. Die dafür verwendbaren Fassadensysteme unterscheiden sich grundsätzlich nicht von herkömmlichen Montagearten für die Befestigung von Gläsern oder plattenförmigen Fassadenelementen.
Ein Projekt, dass die Integration von PV-Modulen in die Fassaden mit sehr hohem ästhetischem Anspruch umgesetzt hat, ist das Gebäude „Westspitze“ in Tübingen (2020) von ackermann + raff Architekten (siehe Abb. 13). Aufgrund des Ziels einer homogenen Fassadengestaltung wurde das PV-Modul SKALA des Herstellers Avancis ausgewählt. Dieses ist rahmenlos und weist als Dünnschichtmodul keine sichtbaren Zellstrukturen auf (C3.1 Informationen zu verfügbaren Produkten). Das Montagesystem von Avancis verfügt über rückseitig verklebte Schienen (Backrail), die eine nicht sichtbare Befestigung als vorgehängt-hinterlüftete Fassaden ermöglichen und gleichzeitig eine nahtlose Integration des Moduls in die Gebäudehülle fördern (siehe Abb. 14). Die verwendeten Module sind eingebunden in eine Aluminiumfassade im Bronzeton. Um eine einheitliche Wirkung zu erzielen, wurden auch die Glasoberflächen der Module in diesem Farbton beschichtet, sodass diese je nach Lichteinfall dunkelbraun bis golden schimmern (siehe Abb. 15). Insgesamt sind 634 Solarmodule in die Fassade integriert und erreichen damit eine Fläche von 659 m2 sowie eine Anlagenleistung von 82,42 kWp.
Ein weiteres Beispiel für eine gelungene Fassadenintegration ist das PlusEnergie-Mehrfamilienhaus Oeschger in Zürich (2019) von dem Architekturbüro Patrick Pfister, Pfister + Koller (siehe Abb. 16). Durch die neben der Dachfläche zusätzliche Nutzung der Fassade für die Stromgewinnung kann das Gebäude komplett mit CO2-freiem Solarstrom versorgt werden. Alle vier Gebäudeseiten sind vollständig mit PV-Modulen in Carbon-Optik bestückt. Hierbei kamen die Solarmodule „Fine Art“ des Herstellers Megasol zum Einsatz, bei denen es sich um monokristalline PV-Module handelt, deren Glasoberflächen nach Wunsch beschichtet werden können (siehe Abb. 17). Die Montage der Module erfolgt ebenfalls mittels Backrails, welche auf der Rückseite der Module verklebt sind und in Horizontalprofile eingelegt werden.
Quellenangaben
c/o Architektenkammer Baden-Württemberg Danneckerstraße 54, 70182 Stuttgart