Die Gebäudehülle definiert die Trennung zwischen innen und außen, sie prägt das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks und kommuniziert mit ihrem Umfeld. Ihr funktionaler Nutzen besteht primär darin, das Bauwerk vor Wind, Niederschlag und Sonneneinstrahlung zu schützen. Die Außenflächen eines Bauwerks prägen zudem wesentlich dessen energetisches Verhalten. Das gilt sowohl für die Optimierung des Wärmetransports zwischen innen und außen als zunehmend auch für die dezentrale Energieerzeugung über die Gebäudehülle. Die Photovoltaiktechnologie ermöglicht hier eine Stromerzeugung ohne mechanischen Verschleiß, Luftemissionen oder Geräuschentwicklungen. Sie stellt neben der SolarthermieSolarthermie Unter Solarthermie versteht man die Umwandlung der Sonnenenergie durch z. B. Thermische Solaranlagen in nutzbare thermische Energie zur Erwärmung von Wasser. die zweite Möglichkeit einer aktiven Nutzung der Solarstrahlung dar. Bereits seit den frühen 1980er-Jahren wird in Deutschland eine IntegrationIntegration Zusammenfügen und Verbinden von einzelnen Einheiten bzw. Bauelementen eines Systems zu einem komplexeren Bauteil, das die gleichen Funktionen erfüllt von Photovoltaikelementen in die Gebäudehülle umgesetzt. Photovoltaikmodule (PV-Module) stehen inzwischen als ausgereifte Produkte in einer großen Bandbreite zur Verfügung (Anhang D2 Übersicht Modulhersteller). Verstärkt übernehmen diese Module neben der Energiegewinnung auch Zusatzfunktionen und nutzen damit zahlreiche SynergieeffekteSynergie : Photovoltaikelemente können als Witterungs-, Sonnen-, und Sichtschutz eingesetzt werden oder als Isolierglasmodule auch als thermische Hülle wirken (siehe Abb. 1). Darüber hinaus können sie in positiver Weise gestaltprägend sein.
Bei der Integration von Photovoltaikmodulen in ein Gebäude gilt die erste Überlegung den geeigneten Flächen. Prinzipiell kommt hierfür jede Fläche infrage, die einer direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Die Abbildung 2 zeigt exemplarisch mögliche Flächen. Bei der Photovoltaik können jedoch im Vergleich zur Solarthermie auch geringe Abschattungen der Solarzellen den Energieertrag erheblich reduzieren. Eine weitgehend verschattungsfreie Fläche ist daher eine wesentliche Voraussetzung (siehe Kapitel B2 Ausrichtung und Verschattung). Deshalb ist für die Planung eine genaue Standort- und Gebäudeanalyse erforderlich. In der Praxis haben sich einige Bereiche der Gebäudehülle als besonders geeignet erwiesen:
Neben den Oberflächen an Gebäuden bieten vielfach auch im Umfeld vorhandene oder neu zu entwerfende Infrastrukturbauten attraktive Potenziale für eine Integration von Photovoltaik. Darunter fallen typische Bauelemente wie Carport-Überdachungen, Schallschutzwände, Wartebereiche, Einfriedungen etc. (siehe Kapitel B5 Exkurs BIPV im Gebäudeumfeld)
Über die Identifikation oder Schaffung geeigneter Flächen hinaus ist für die zukünftige Entwicklung der Solararchitektur der gestalterische Umgang mit aktiven Solarkomponenten von besonderer Bedeutung. Letztendlich entscheidet die Harmonie zwischen Gebäude und Solartechnik und die Attraktivität der entstehenden Architektur über die Akzeptanz und den Erfolg dieser Technologie auf breiter Ebene.
Ungünstig im Sinne der Baukultur sind meist Installationen, bei denen das Gebäude ohne Berücksichtigung einer solartechnischen Nutzung geplant wurde. Entsprechend bleibt die gestalterische und geometrische Ordnung der Gebäudehülle unberücksichtigt, das Gebäude liefert lediglich den Träger für die Solartechnik. Durch fehlende gestalterische Einbindung können die solartechnischen Komponenten wie Fremdkörper am Gebäude wirken und einen negativen Einfluss auf das Erscheinungsbild haben. Dies wird besonders bei der nachträglichen Installation von solartechnischen Komponenten an bereits bestehenden Gebäuden deutlich. Ziel sollte es daher immer sein, die Solarelemente gestalterisch in die Konzeption des Baukörpers einzubeziehen und Proportionen, horizontale und vertikale Fugenbilder, spezifische Eigenschaften etc. zu berücksichtigen. Dies kann ggf. eine Verringerung der solaren Erträge zur Folge haben. Gerechtfertigt ist dies jedoch durch die hohe gestalterische Qualität, wenn sichergestellt werden kann, dass Ökobilanzen der Elemente insgesamt positiv sind (siehe Kapitel C4.4 Ökobilanz).
Im Neubau kann sich dies durch eine bewusste und konsequente Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen bezüglich Ausrichtung und Verschattungsfreiheit zu einem wichtigen Entwurfsfaktor entwickeln, der neue Ansätze in der Baukörperform und der Gebäudehülle nach sich zieht. Die Solarenergienutzung wird dann zu einem tragenden Entwurfskriterium für das gesamte Gebäude. Bei dieser Art der Einbindung in den Planungsprozess besteht ein interessantes Potenzial, aus der aktiven solaren Nutzung heraus neue architektonische Ausdrucksformen zu entwickeln (siehe Abb. 11 und 12).
Für diese Entwurfsstrategien ist es unerheblich, auf welche Weise die Solarelemente baukonstruktiv in die Gebäudehülle eingebunden sind (siehe Kapitel C3.3 Konstruktive Details und Anwendungsbeispiele). Eine konstruktive Trennung von Solarelement und Gebäudehülle liegt dann vor, wenn die Solarkomponenten als eigenständige Elemente additiv montiert werden. Die weitverbreitete Methode dieses Ansatzes bei Solarkomponenten in ziegelgedeckten Wohngebäuden ist als sogenannte „AufdachmontageAufdach-Montage Bei einer Aufdach-Montage montiert der Installateur die Photovoltaik-Module auf dem bestehenden Dach, befestigt diese an der Dachunterkonstruktion. Die Alternative zur Aufdach-Montage bildet die Indach-Montage. “ bekannt. Hierbei werden die Module auf einer eigenen Unterkonstruktion über der Ziegeldeckung angebracht. Gründe für eine additive Montage sind in der Regel der Wunsch nach einer kostengünstigen, meist nachträglichen Montage und eine einfache Gewerketrennung mit entsprechenden Gewährleistungen. Ein möglicher Mehrfachnutzen der Solarkomponenten wird dabei jedoch nicht realisiert.
Werden die PV-Module im Vergleich dazu als äußere Schicht in die Gebäudehülle integriert, bei der sie konventionelle Materialien ersetzen und damit den Witterungsschutz bilden, findet eine Verflechtung der Subsysteme Technischer Ausbau und Gebäudehülle statt. Die Gebäudehülle würde in diesem Fall nicht ohne die Solarelemente funktionieren, da diese eine notwendige Funktion übernehmen. Diese Art der Einbindung erfordert eine sorgfältige, maß- und detailgenaue Planung sowie eine gute Koordination der Gewerke (siehe hierzu Teil C BIPV im Planungsprozess)
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