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  • C – BIPV im Planungsprozess
  • C1.2: BIPVBIPV Abkürzung, vom englischen "Building Integrated Photovoltaic", eingedeutscht als "Bauwerkintegrierte Photovoltaik" (eigentlich Gebäudeintegrierte Photovoltaik GIPV)-Handlungsfelder nach HOAI-Leistungsphasen

Einleitung

Aufgrund der zahlreichen Wechselwirkungen mit vielen Teilnehmern einer Bauplanung nimmt die Wahrscheinlichkeit einer wirtschaftlichen und gestalterisch gelungenen BIPV-Installation stark zu, je früher in einem Bauvorhaben die Konzeption und Entscheidungsfindung einer solaren Aktivierung eingebunden werden. Neben den Wechselwirkungen mit anderen Gebäudeaspekten spielt auch der noch relativ junge und kleine Markt für BIPV-Bauprodukte dabei eine Sonderrolle. Empfohlen wird daher, bereits in LP4 in die Werkplanung der Teilaufgabe BIPV-IntegrationIntegration Zusammenfügen und Verbinden von einzelnen Einheiten bzw. Bauelementen eines Systems zu einem komplexeren Bauteil, das die gleichen Funktionen erfüllt einzusteigen und frühzeitig über das Ausschreibungsverfahren geeignete Produkte und Partner zu finden.

Abbildung 1: Übersicht potenzieller Akteure einer BIPV-Installation.
Quelle: Grafik: HTWG

Typische Akteure einer BIPV-Installation

Welche Akteure braucht es, um eine gebäudeintegrierte PV-Anlage zu realisieren? Im einfachsten Fall sind das ein Bauherr, der die Aufgabe vergibt – und ein Installateur, der die Anlage liefert, montiert, anschließt und ggf. anmeldet. In der Praxis trifft dies überwiegend bei einfachen Aufdachanlagen zu, die technisch und vor allem gestalterisch geringe Anforderungen stellen. Bei gebäudeintegrierten Lösung sind oftmals deutlich mehr Akteure eingebunden. Die Abbildung 1 umfasst eine Übersicht möglicher Akteure.

Abbildung 2: Übersicht möglicher BIPV-Handlungsfelder nach HOAI- Leistungsphasen.
Quelle: Grafik: HTWG

Eine Übersicht nach HOAI-Leistungsphasen

Leistungsphasen sind einzelne, in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure festgelegte Planungsabschnitte eines Bauvorhabens. Sie bilden bestimmte Leistungsaspekte ab und dienen hier zur zeitlichen Gliederung. In der gewählten Darstellung sind die Leistungsphasen um die Phasen 0 und 10 ergänzt, um die Bandbreite eines Bauvorhabens besser abbilden zu können (siehe Abbildung 2).

Die folgende Übersicht stellt Themen und Aspekte dar, die im Falle einer BIPV-Planung möglicherweise zu berücksichtigen sind. Bei der Gestaltung von BIPV-Anlagen sind Bauherren, Nutzer und Planer zunächst kaum Grenzen gesetzt. So vielfältig Ideen und Lösungen von Planern und Bauherren zur Integration von PV-Modulen in die Gebäude, so wenig kann eine Übersicht zu relevanten Planungsaspekten Anspruch auf die korrekte Reihenfolge oder gar auf Vollständigkeit haben. Vielmehr ist sie gedacht als strukturierte Übersicht und „Inspiration“ zu Themen und Fragestellungen, die einem Prozessbeteiligten im Laufe einer BIPV-Planung begegnen können. Neben der zeitlichen Gliederung finden sich in der Tabelle auch Hinweise auf die entsprechenden Kapitel des Leitfadens, in denen die Themen ausführlich behandelt werden.

Eine gute Bedarfsplanung ist oft ein Schlüssel für ein am Ende erfolgreiches Bauvorhaben – und in der Regel ist eine gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage dabei nur ein Aspekt unter vielen und wichtigen Einflussgrößen, die zu berücksichtigen sind.

  • Trotzdem gilt insbesondere für die BIPV mit ihren Wechselwirkungen und Einflüssen auf Gestaltung und Kubatur eines Gebäudes, sowie den Abhängigkeiten zu Gebäudehülle und Energiekonzept, dass eine frühe Klärung zu Zielsetzungen wie Ökobilanz, Gebäudeenergieeffizienz und Energieversorgung einen hohen Einfluss auf eine gelungen und kosteneffiziente Planung haben kann. Siehe Kapitel A3 Bedeutung der BIPV (So kann z. B. die Verteilung von offenen und geschlossenen Flächen in der PV-Fassade Einfluss bis auf den Grundriss haben.)

Neben einigen technischen Parametern, die verantwortlich für die Effizienz einer Solaranlage sind, sind hauptsächlich die Gesamtfläche der Installation und die Dauer bzw. Intensität der Sonneneinstrahlung maßgeblich für den Ertrag einer PV-Installation.

Die bestrahlte Fläche ist somit die wichtigste Ressource, die eine PV-Planung gestalten kann. Dabei geht es zunächst um eine grobe Abschätzung des Bedarfs und der ggf. zur Verfügung stehenden Flächen:

  • Welche Fläche wird benötigt? Welche Flächen sind geeignet? Welchen Einfluss hat dies ggf. auf Kubatur und Außenwirkung eines Gebäudes (Dach, Fassade, Brüstung, Außenanlagen etc.)? Welchen Einfluss hat die Umgebungsbebauung oder die Botanik auf eine mögliche Verschattung? Siehe hierzu Kapitel B1 Geeignete Flächen, B2 Ausrichtung und Verschattung, B3 Gestaltungsvielfalt, B4 Exkurs: Kombination mit Begrünung und B5 Exkurs: BIPV im Gebäudeumfeld.
  • Welche grundsätzlichen Ertragsziele werden angestrebt? Für eine grobe Festlegung des erwarteten Stromertrags gilt es zu definieren, welche Ziele damit erreicht werden sollen: Welchen Deckungsbeitrag sollte eine PV-Anlage zum Strombedarf des Gebäudes beitragen? Geht es vorwiegend um eine Einspeisung, soll der EigenverbrauchEigenverbrauch maximiert werden oder wird gar eine AutarkieAutarkie Die Autarkie einer Photovoltaik-Anlage misst den Grad der Unabhängigkeit vom Energieversorger. Der Autarkiegrad ist die Menge an selbsterzeugten Strom, die Ihren Bedarf ohne Strombezug aus dem Netz deckt. Je höher der Anteil des durch die Solaranlage gedeckten Stromverbrauchs ist, desto höher ist die Autarkie zu bewerten. Diese lässt sich demnach auch durch eine Reduktion des Stromverbrauchs erhöhen. angestrebt? Welche Rolle spielt die Ökobilanz für das Bauvorhaben? Weitere Informationen finden Sie in Kapitel C2.1 Betreibermodelle und C2.2 Wirtschaftlichkeit.
  • Welche Rolle spielt die PV-Anlage im Energiekonzept? Details werden in späteren Phasen festgelegt, aber grundsätzliche Überlegungen, ob z. B. die Anlage eine Rolle bei der Elektromobilität spielt, ob sie auch zur Heizungsunterstützung eingesetzt wird und welche thermischen oder elektrischen Speicherkonzepte infrage kommen, haben deutliche Auswirkungen auf den Flächenbedarf der Anlage.
  • Welche gesetzlichen Regelungen müssen in Bezug auf die PV-Anlage beachtet werden? Welche fordern ein Mindestmaß an Installationsfläche – oder schränken den Einsatz von (bauwerksintegrierter) PV ein? Für die frühe PV-Planung könnten unter anderem folgende Regelungen relevant sein: 

    • Vorgaben des GEG zu Effizienzmaßnahmen und zum Primärenergiebedarf

    • die eingeführte PV-Pflicht einzelner Bundesländer

    • örtliche Vorgaben im Bebauungsplan z. B. zur Dachgestaltung (Orientierung, Neigung)

    • Vorgaben zum Wasserrückhalt oder zur Begrünungspflicht bei Flachdächern

    • zusätzlich können kommunale Gestaltungssatzung oder bei Sanierungen Vorgaben des Denkmalschutzes eine Rolle spielen.

Auf viele dieser Fragen kann erst mit dem weiteren Planungsfortschritt eine abschließende Antwort gegeben werden, doch setzen die Überlegungen zu diesen Zielen wichtige Leitplanken für die effiziente (PV-)Planung.

Ein in Dach oder Fassade integriertes PV-Modul erzeugt Strom. Damit unterscheidet es sich von jedem anderen Bauteil – denn den Investitionskosten in die Anlage stehen zukünftige Einnahmen aus den Stromerträgen gegenüber. Aber wie werden diese Stromerträge genutzt, wer profitiert von der Anlage und welchen Wert hat der erzeugte Strom? Der ökologische und ökonomische Beitrag einer integrierten PV-Anlage hängt also auch davon ab, wie der Sonnenstrom im Kontext eines Energiekonzeptes genutzt werden kann.

  • Mit der weiteren Konkretisierung des Gebäudeenergiebedarfs und ersten Überlegungen zum Anlagenkonzept rückt die Rolle der PV-Installation als Stromgenerator innerhalb des Energiekonzeptes ins Blickfeld – mit diesem gut abgestimmt, kann der Beitrag einer Anlage deutlich höher ausfallen als bei einer reinen „Add‑on“-Installation. Details hierzu in Kapitel C4.2 Einbindung in das Energiekonzept.
  • Die Auswahl der Flächen hat nicht nur Einfluss auf den Gesamtertrag, sondern auch auf den Zeitpunkt des Ertrages und damit auf die Verfügbarkeit im Tages- und Jahresverlauf. Siehe Kapitel C4.1 Leistungs- und Ertragsprognosen.
  • Auch die Wirtschaftlichkeit einer Anlage sollte nun näher beleuchtet werden. Doch wie viel ist eine Kilowattstunde PV-Strom aus lokaler Erzeugung wert? Je nach Energiekonzept und Betreibermodell kann der finanzielle Ertrag ein und derselben Anlage unterschiedlich ausfallen. Nach dem Abschmelzen der Einspeisevergütung ist in der Regel die Maximierung des Eigenverbrauchs der Schlüssel für einen wirtschaftlichen Betrieb. Je nach Anlagengröße sind dafür u. a. technische Mittel wie Zwischenspeicher oder Lastverschiebungen, aber auch ökonomische Modelle wie Mieterstromverträge oder Stromkaufvereinbarung (Power Purchase Agreements) eine Überlegung wert.
  • Mit Begriffen wie „Mieterstrom“ oder „Stromkaufvereinbarung“ bereits angedeutet, kann für eine BIPV-Anlage neben den gestalterischen und technischen Eigenschaften auch aus unterschiedlichen Betreibermodellen gewählt werden. Wer finanziert die Anlage, wer betreibt sie und wer nutzt den Strom? Bei kleinen Anlagen ist in den meisten Fällen Eigentümer, Betreiber und Nutzer der Anlage identisch. Bei größeren Anlagen wie z. B. im Geschosswohnungsbau gibt es oft mehrere Akteure. Näheres finden sich in Kapitel C2.1 Betreibermodelle
  • Mit Energiekonzept und Betreibermodell eng verknüpft sind die steuerlichen Aspekte einer PV-Anlage. Je nach installierter Leistung und Endverbraucher gibt es einer Reihe von Auflagen, ggf. fallen zusätzlich Umlagen und Steuern an. Der Aufwand hierfür kann sehr unterschiedlich ausfallen – deshalb empfiehlt es sich, diesen frühzeitig abzuklären. Siehe Kapitel C2.2 Wirtschaftlichkeit.
  • Kostenschätzung? Bei einer HOAI-konformen Planung werden die Kosten von einem sehr groben Kostenrahmen bis zur endgültigen Kostenfeststellung am Ende der Realisierung immer weiter konkretisiert. Dies gilt natürlich auch für Planung und Bau einer BIVP-Anlage. Allerdings kann der Markt für BIPV-Produkte nicht immer Standardprozesse und Erfahrungswerte in einer Qualität bieten, die mit anderen Bauprodukten vergleichbar sind. Deshalb ist es empfehlenswert, relativ früh im Prozess bereits mit Herstellern oder Installateuren in den Austausch zu treten – oder in der Planung zu berücksichtigen, dass die Kostenannahmen bis zur Vergabe noch hohen Unsicherheiten unterliegen können.  
  • Klassischerweise werden exakte Produkte erst mit der Ausschreibung bzw. in der Vergabe festgelegt. Doch je nach Integrationsvorhaben ist es wichtig, frühzeitig mit konkreten Modulgrößen und Rastermaßen zu arbeiten. Notwendige Sonderformate oder spätere Umplanungen wirken sich aufgrund der höheren Materialkosten und der vielen Abhängigkeiten in der Regel nachteilig auf die Bauzeitenplanung und die Gesamtkosten aus.
  • Prüfung auf Zulässigkeit mit Gestaltungssatzungen oder Bebauungsplänen: Diese Prüfung erfolgt spätestens in LP4 und betrifft natürlich das ganze Bauvorhaben. BIPV-spezifische Vorgaben können allerdings explizit Einfluss auf den Entwurf nehmen. Je nach Ausführung kann es z. B. Konflikte mit den örtlichen Bebauungsplänen bei Dachneigung, Farbe, Materialwahl etc. geben. Auch die Reflexion der Module (Straßenverkehr, Nachbarn, Naturschutz) kann eine Rolle spielen. Siehe Kapitel B3 Gestaltungsvielfalt.
  • Bei (sehr) großen Anlagen ist eine Voranfrage bei den Netzbetreibern eine Möglichkeit, etwaige Schwierigkeiten mit dem Netzanschluss frühzeitig zu erkennen.
  • Zulassungen: Abhängig von der Einbausituation der PV-Module kommen neben den Anforderungen an die elektrische Qualität auch noch technische Anforderungen hinzu (z. B. VSG Ausführung beim Einsatz in Überkopfverglasungen oder im Brüstungsbereich, harte Bedachung beim Einbau als Dacheindeckung, Brandschutzklassen in der Fassadenintegration oder statische Vorgaben für Modul und Befestigung). Siehe Kapitel C3.1 Informationen zu verfügbaren Produkten.
  • Nicht immer kann davon ausgegangen werden, dass am Markt die entsprechenden Produkte angeboten werden. Es birgt zum Teil erhebliche Planungs- und Kostenrisiken, wenn für den Einbau etwa zusätzliche statische Berechnungen oder eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) für das PV-Modul bzw. eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) für die Gesamtkonstruktion (also Modul inkl. Befestigung) notwendig werden. Rechtzeitig adressiert können diese Anforderungen in den Planungsprozess eingebunden werden und damit eine gelungene PV-Installation ermöglichen.
  • Für statisch anspruchsvollere Vorhaben kann es sinnvoll sein, bereits in dieser Phase eine Vorstatik rechnen zu lassen. Dies erhöht die Sicherheit in der Planung und kann später bei der Ausschreibung hilfreich sein.
  • Kosten für eine BIPV-Installation bestehen aus den Aufwendungen für die Installation der Module und der Elektrik – gleichzeitig können aber die Kosten für die ersetzten Bauteile gegengerechnet werden („Sowieso-Kosten“). Je nach Aufwendung für die passiven Dach- und Fassadenelemente sind die aktiven Bauelemente entsprechend teurer – oder sogar günstiger als ihre passiven Alternativen. Im Rahmen der Kostenberechnung können diese Kosten ermittelt und den PV-Kosten gegenübergestellt werden. Siehe Kapitel C2.2 Wirtschaftlichkeit sowie das Kapitel C2.4 Förderung und Forderung.
  • Brandschutz: Je nach Integrationsart und GebäudeklasseGebäudeklassen nach LBO §2, Satz 4 Gebäude werden in folgende Gebäudeklassen eingeteilt: Gebäudeklasse 1: freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m² und freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude, Gebäudeklasse 2: Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m², Gebäudeklasse 3: sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m, Gebäudeklasse 4: Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m², Gebäudeklasse 5: sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude verändert die Integration einer PV-Anlage die Anforderungen an den Brandschutz. Das schränkt möglicherweise die Verwendung von Flächen ein, erfordert bestimmte Klassifizierungen des Brandverhaltens der PV-Module und verringert damit die am Markt verfügbaren Produkte – oder es werden Kompensationsmaßnahmen fällig. Eine frühe Abklärung z. B. mit der zuständigen Feuerwehr oder je nach Größe des Projektes mit einem Brandschutzgutachter erspart teure Überraschungen. Siehe Kapitel C6.4 Bauordnungsrechtliche Anforderungen an das Brandverhalten.
  • PV-Anlagen sind nach der Landesbauordnungd. R. verfahrensfrei, somit unterscheidet sich das Einreichen der Baugenehmigung nicht von den üblichen Verfahren.

  • Sind jedoch in LP3 bestimmte Fragestellungen aufgetaucht, müssen diese jetzt geklärt werden. Je nach behördlicher Vorerfahrung und Praxis mit BIPV-Anlagen kann ein aktives Einbinden der Genehmigungsbehörde hilfreich sein.

  • Mit der Einrechnung des Bauantrags wird auch der GEG-Nachweis und der Energieausweis eingereicht. In beiden Fällen kann eine PV-Anlage die Erreichung der Vorgaben erleichtern – oder auch erst ermöglichen. Siehe C2.4 Förderung und Forderung.

  • Das Formular zu der in einigen Bundesländern jetzt eingeführte PV-Pflicht wird zumindest in Baden-Württemberg auch mit dem Bauantrag eingereicht. Siehe Kapitel C3.2 Bauordnungsrechtliche Grundlagen.

In den vorausgegangenen Phasen wurde bereits darauf hingewiesen:

  • Je nach Entwurf kann es riskant sein, erst jetzt in die Ausführungsplanung der PV-Anlage einzusteigen.
  • Fällt erst hier auf, dass die technischen und gestalterischen Anforderungen evtl. nicht zu marktverfügbaren Produkten und Systemen passen, strapazieren die notwendigen Zulassungsverfahren für Statik und Brandschutz etwa über vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen (vBG) den Zeitrahmen erheblich. Oder die gewünschten Formate und Farben sind nur als Sonderanfertigung zu bekommen oder es werden Umplanungen notwendig. Beides kostet Zeit und Geld.
  • Es kann daher hilfreich sein, sich frühzeitig z. B. anhand der Produktübersicht in Kapitel D2 einen Überblick über die für den Anwendungsfall verfügbaren Systeme zu verschaffen und diese als Grundlage der Planung zu verwenden.
  • Alternativ ist der Weg über Zulassungen im Einzelfall eine durchaus gangbare Lösung. Aber sie benötig einen erheblich längeren Planungsvorlauf, als in LP5 üblicherweise für die Detailplanung vorgesehen ist.
  • Bei individuellen Integrationslösungen empfiehlt sich eine detaillierte Planung. Sie legt Fragestellungen offen und dient der Kommunikation mit Fachplanern und ausführenden Gewerken.

Die Integration in die Gebäudehülle schafft unter Umständen eine ganze Reihe verschiedener Schnittstellen. Einige seien hier exemplarisch aufgelistet:

  • zu angrenzenden Teilflächen, z. B. im Dach oder in der Fassade
  • zu zusätzlichen Funktionen wie dem Witterungsschutz oder dem Schallschutz
  • zu unterschiedlichen Fachplanern wie dem Fassadenplaner und dem Brandschutzgutachter
  • zu unterschiedlichen Gewerken wie dem Dachdecker und dem Elektroinstallateur
  • zwischen Innen und Außen bei der Kabelführung oder der Tageslichtversorgung
  • zwischen dem Gleichstromnetz der Module und dem Wechselstromnetz der Hauselektrik
  • zwischen Stromproduktion und Strombedarf
  • zwischen Gebäudenetz und Versorgungsnetz

Das Darstellen und Adressieren möglicher Schnittstellen in einer Ausführungsplanung kann hilfreich sein, um die Abläufe zu optimieren und die Aufgaben einzelnen Akteuren besser zuschreiben zu können. Siehe Kapitel C6 Fachplanung Konstruktion Statik und Brandschutz.

Neben den Fragen rund um die Integration in die Gebäudehülle sollte für die Elektroplanung zusätzlicher Flächenbedarf berücksichtigt werden. Siehe Kapitel C5.2 Systemkomponenten und Kabelführung und C5.3 Elektrotechnische Details und Sicherheit.

  • So gibt es unterschiedliche Anforderungen für die Aufstellung der WechselrichterWechselrichter Der Wechselrichter wandelt die Gleichspannung der PV-Module in Wechselspannung um. Dadurch kann die Solarenergie im Hausnetz verwendet oder auch ins öffentliche Netz eingespeist werden. und ggf. für Batteriespeicher.
  • Auch der GeneratoranschlusskastenGeneratoranschlusskasten Bei größeren Anlagen werden die einzelnen Modulstränge im Generatoranschlusskasten zusammengeführt. Dieser enthält die Strangdioden und Komponenten zum Blitzschutz. Oftmals kann diese Komponente bei kleineren Systemen mit wenigen Modulsträngen entfallen, sofern sie direkt im zentralen Wechselrichter integriert ist. und etwaige Feuerwehrschalter brauchen Platz und brauchen entsprechende Zugänglichkeit.

Konzept: Monitoring

  • Über die möglichen Einsatzzwecke eines Monitorings siehe Abschnitt LP10 und Kapitel C5.4 Anlagenüberwachung.
  • Falls ein Monitoring implementiert werden soll, muss an dieser Stelle ein entsprechendes Konzept erstellt werden.

Konzept: Wartung

  • PV-Installationen sind in der Regel wartungsarm, aber gerade bei integrierten Anlagen kann es hilfreich sein, eine spätere Fehlersuche in der Installation oder einen notwendig gewordenen Tausch von Komponenten in der Planung zu berücksichtigen.
  • Das Vorhalten spezifischer Ersatzteile (PV-Module aus der gleichen Charge, …) bei Montagebruch oder einer späteren Reparatur die Abläufe erleichtern.

Die Aufgaben in LP 6, wie die Erstellung eines Vergabeterminplans, das Erstellen von Leistungsbeschreibungen oder die Zusammenstellung der Vergabeunterlagen, gleichen sich in der PV-Planung wie bei ähnlich gelagerten Bauaufgaben.

  • Je nach Komplexität der Anlage kommt der Koordination der Fachplaner eine entsprechende Bedeutung zu. Wurde in der Vorplanung entsprechende Expertise aufgebaut, kann die Ausschreibung jetzt davon profitieren. Siehe C6.1 Konstruktive Anforderungen bei der Integration.
  • Bislang gibt es am Markt wenig Firmen, die sich auf BIPV-Anlagen spezialisiert haben. So kommen für die Ausführung der Installationsvorhaben je nach Projekt eine Reihe von Gewerken infrage (z. B. Metallbauer, Dachdecker, Fassadenbauer, Elektriker und andere). Diese bringen unterschiedliche Kernkompetenzen mit, und das kann Einfluss auf die Preisgestaltung einzelner Ausschreibungsposten haben. Darüber hinaus führt es unter Umständen zu einem heterogenen Angebotsspiegel.
  • Je nach Zielsetzung kann es also sinnvoll sein, Leistungsgrenzen an einzelnen Gewerken zu orientieren – oder verstärkt Gesamtlösungen auszuschreiben.
  • In einem relativ jungen Marktumfeld für BIPV-Produkte und Dienstleistungen kann es hilfreich sein, aktiv auf entsprechende Anbieter zuzugehen. Wenn es bereits Kontakte seit der LP3 oder 4 gibt, kann man hiervon profitieren.
  • Für produktneutrale Ausschreibungen kann das zu einer Herausforderung werden. Hier empfiehlt es sich, die benötigten Anforderungen entsprechend herauszustellen.

Die Definition von Schnittstellen und Leistungsgrenzen ist verschiedentlich angesprochen worden. Neben den Schnittstellen einzelner Gewerke spielen auch die Schnittstellen zum Gebäude eine Rolle.

  • So gibt es in der Regel eine Schnittstelle zwischen der Elektroinstallation der PV-Anlage mit Wechselrichtern (und Batteriespeicher) auf der einen und der Hauselektrik auf der anderen Seite. Und auch bei der Datenverarbeitung zwischen einzelnen PV-Komponenten und der Gebäudesteuerung kann eine Schnittstelle sein.

Keine gesonderten BIPV-Anforderungen.

In der Bauleitung unterscheidet sich die PV-Anlage zunächst nicht von jeder anderen Baumaßnahme. Doch bringt sie je nach Ausgestaltung eine gewisse Komplexität und diverse Schnittstellen mit sich.

  • Nicht immer verfügen alle Beteiligten bereits über ausreichend Erfahrung im Einbau integrierter Systeme. Wenn nicht auf spezialisierte Firmen zurückgegriffen werden kann, empfiehlt es sich, den Einbau mit den Beteiligten gut abzustimmen.
  • Viele integrierte Module sind gleichzeitig ein Verbundglasbauteil, ein elektrisches Bauteil und übernehmen zusätzlich oft den Witterungsschutz – dies will im Umgang mit den Modulen berücksichtigt sein.
  • Eine oft erwünschte optische Qualität stellt (hohe) Anforderungen an Ausführung und Maßhaltigkeit der Installation.
  • Je nachdem, wie viele unterschiedliche Akteure an der Ausführung beteiligt sind, kommt der klaren Definition und Kommunikation von Schnittstellen eine entsprechende Bedeutung zu.
  • Neben der strukturierten Vorgehensweise bei der Installation bilden diese Schnittstellen auch wichtige Grundlagen für eine erfolgreiche Abnahme der einzelnen Leistungen.
  • Bei der Inbetriebnahme ist ein Inbetriebnahmeprotokoll für den Netzbetreiber zu erstellen.
  • Gewährleistungen und Sicherheitszertifikate; Anmeldung Netzbetreiber
  • Mit der der Komplexität bei Planung und Ausführung einer Anlage steigt die Bedeutung einer guten Dokumentation erheblich.    
  • Eine korrekt ausgeführte PV-Installation ist in der Regel wartungsarm bis wartungsfrei. Doch empfiehlt es sich, zu Beginn einer Betriebszeit neben einer Sichtprüfung der Installation die Daten der Wechselrichter im Auge zu behalten. Deutlicher Minderertrag, ungewöhnliche Schwankung im Tagesverlauf oder Fehlermeldungen können ein Indikator für Mängel sein.

Eine Planung beruht auf Annahmen, die durch die Praxis erst bestätigt werden können.

  • Ein Monitoring-Konzept kann die Leistungsfähigkeit einer Anlage überprüfen, bei der Planung von Wartungs- und Reinigungsarbeiten unterstützen, ggf. eine Fehlersuche erleichtern und eventuelle Ansprüche gegenüber den planenden und ausführenden Gewerken belegen.
  • Aber auch ein Nutzungskonzept oder eine Ertragssituation kann sich während einer üblicherweise 20 bis 30 Jahre langen Betriebsdauer einer Anlage verändern. Nachdem in vielen Fällen die Wirtschaftlichkeit an der Größe der Eigenstromnutzung hängt, kann ein Monitoring hier helfen, Ertrag und Verbrauch des Solarstroms zu optimieren. Siehe Kapitel C5.3 Elektrotechnische Details und Sicherheit.
  • Neben dem Einfluss auf das Verhalten der Verbraucher ist auch der Einfluss auf die Zufriedenheit der Anlagenbetreiber nicht zu unterschätzen. Eine gelungene PV-Integration überzeugt durch ihre optische Qualität – und durch den Stromertrag, den sie regelmäßig unter Beweis stellt.
  • Je nach Anlagenkonzept kann der Abschluss eines Wartungsvertrages den Betrieb der Anlage vereinfachen. Dieser kann bereits mit der Installation der Anlage ausgeschrieben werden oder nachträglich beauftragt werden. Siehe Kapitel C5.4 Anlagenüberwachung.
  • Üblicherweise benötigen Installationen auf Schrägdächern und Fassaden keine Reinigung zur Ertragsoptimierung. Aus optischen Gründen kann das jedoch z. B. in einer Fassade ähnlich wie bei Glasfassaden gewünscht werden.
  • Stehen die Module fast waagrecht montiert oder liegt eine Situation mit starker Verschmutzung vor, können Reinigungsintervalle Sinn ergeben.

Quellenangaben

  1. Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI) 2021